Donnerstag, 12. November 2015

Bauen + Wohnen - Wie notwendig ist ein Architekt?

Wer sich ein individuelles Haus bauen oder eine bestehende Immobilie ausbauen möchte, sollte die Hilfe eines Architekten hinzuziehen. Als Experte kann dieser den Bau in den unterschiedlichen Phasen begleiten und die Wünsche des Bauherren fachlich korrekt umsetzen. Architekten bieten inzwischen ein umfangreiches Dienstleistungsangebot.

Der Architekt befasst sich mit der technischen, wirtschaftlichen und gestalterischen Planung sowie dem Bau von Gebäuden. Dabei ist die Berufsbezeichnung Architekt gesetzlich geschützt. Es darf sich nur Architekt nennen, wer auch Mitglied in der Architektenkammer und von dieser auf der Architektenliste geführt wird. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Ausbildung und Berufspraxis. Architekten unterliegen einer Berufsordnung ihrer jeweiligen Architektenkammer, deren Einhaltung überwacht wird.

Umfangreiche Dienstleistungen

Architekten bieten in der Regel ein umfangreiches Angebot an Dienstleistungen an, die eine Begleitung des Bauherren von der ersten Planung bis zur Fertigstellung des Baus beinhalten. In den ersten Gesprächen mit dem Bauherrn werden dessen Vorstellungen erfasst, präzisiert und mit Skizzen und Zeichnungen in ein erstes Entwurfskonzept umgesetzt. Der Architekt kann dabei Anregungen und Ratschläge mit Blick auf das Baurecht, Kosten, technischen Rahmenbedingungen, Statik, Haustechnik und der Energie- und Ökoeffizienz einbringen.

Die konkrete Ausgestaltung der Hausform und Räumen werden vom Architekten dann so aufgearbeitet, dass der Bauherr seine Pläne bei den zuständigen Behörden zur Genehmigung vorlegen kann. In aller Regel bietet es sich jedoch aufgrund der Komplexität der notwendigen Genehmigungen an, dass der Architekt selbst die Pläne bei den Behörden vorlegt.

Je nach Wunsch und Geldbeutel des Bauherrn kann der Architekt dann auch Vorbereitung, Koordination und Überwachung des eigentlichen Hausbaus übernehmen. Dazu gehören die Anfertigung der notwendigen Bauzeichnungen, Leistungsbeschreibungen für die Handwerker und Terminpläne. Im weiteren Verlauf werden Angebote von notwendigen Baufirmen und Handwerksbetrieben eingeholt sowie anschließend deren Kosten inhaltlich und rechnerisch überprüft und verglichen. Das gleiche gilt für die Kontrolle der Arbeiten auf der Baustelle und die Erfassung und Beseitigung von Baumängeln.

Die Bauherren sollten die gewünschten Aufgaben des Architekten eindeutig und klar formuliert vertraglich festlegen. Sind die Zuständigkeiten nicht ausreichend geklärt, kann es während der Bauphase zu Irritationen und Problemen kommen. Entscheiden Sie sich für die Bauabwicklung über einen Architekten, sollten Sie eindeutig die eventuell gewünschten Eigenleistungen ansprechen. Schätzen Sie sich und ihre Leistungen realistisch ein und hinterfragen Sie ihre mögliche Ersparnis durch Eigenleistung kritisch. Auch hier ist ihnen der Architekt behilflich.

Leistungsphasen

Architekten teilen ihre Dienstleistungen in neun so genannte Leistungsphasen ein. Diese haben jeweils einen Anteil an der Gesamtarchitektenleistung (unten in Prozent angegeben) und entsprechend an seinem Honorar. Die Leistungsphasen sind wie die Architekten-Honorare in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) geregelt. Die HOAI ist eine preisrechtliche Verordnung der Bundesregierung.

  • Leistungsphase 1: Grundlagenermittlung (3%)
    Hier werden unter anderem die Aufgabenstellung geklärt und die Größe und der grobe Zuschnitt der Immobilie festgelegt.
  • Leistungsphase 2: Vorplanung (7%)
    Der Architekt erarbeitet anhand der Grundlagen mehrere Entwürfe für den Bauherrn und schätzt die Baukosten.
  • Leistungsphase 3: Entwurfsplanung (11%)
    Nachdem sich der Bauherr für einen Entwurf entschieden hat, werden die Pläne dafür etwa mit einer zeichnerischen Darstellung des Gesamtentwurfs konkretisiert. Hier finden bereits die ersten Gespräche zwischen Behörden und Architekt/Bauherr über die Genehmigungsfähigkeit des konkreten Entwurfs statt.
  • Leistungsphase 4: Genehmigungsplanung (6%)
    Hier werden anhand der baurechtlichen Bestimmungen die notwendigen Bauanträge erarbeitet und gestellt sowie mögliche Fördermittel beantragt.
  • Leistungsphase 5: Ausführungsplanung (25%)
    Es werden detaillierte Pläne für die Handwerker erstellt und Details festgelegt. Dazu gehören endgültige und vollständige Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen.
  • Leistungsphase 6: Vorbereitung der Vergabe (10%)
    Die zu erbringenden Tätigkeiten am Neubau und die Menge der Materialien werden vom Architekten genau definiert. Diese Leistungsverzeichnisse gehen an die Handwerker, damit diese Kostenangebote abgeben können.
  • Leistungsphase 7: Mitwirkung bei der Vergabe (4%)
    Der Architekt prüft die eingegangenen Angebote und berät den Bauherren bei der Wahl der Handwerker. Hierzu wird unter anderem ein Preisspiegel für die Teilleistungen erstellt, der die Unterschiede der Kostenangebote einzelner Firmen deutlich macht.
  • Leistungsphase 8: Objektüberwachung (31%)
    In dieser Phase wird der eigentliche Hausbau vollzogen. Hier wird Ausführung der Arbeiten auf Übereinstimmung mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und den Leistungsbeschreibungen sowie dem Zeitplan überwacht. Der Architekt koordiniert die Arbeiten und überwacht diese gegebenenfalls. Zudem werden die eingehenden Handwerkerrechnungen geprüft und freigegeben und behördliche Abnahmen organisiert.
  • Leistungsphase 9: Objekt-Betreuung und Dokumentation (3%)
    Diese letzte Phase dient der Betreuung des fertigen Objekts. Der Architekt nimmt dazu eine Objektbegehung vor und stellt die Mängel vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfristen fest. Sollten Mängel vorliegen, macht der Architekt die Gewährleistungsansprüche gegenüber dem entsprechenden Bauunternehmen geltend und überwacht die veranlasste Mängelbeseitigung.

Das Architektenhonorar

Das Architektenhonorar wird nicht frei verhandelt und ist auch nicht wie oft irrtümlich angenommen eine prozentuale Kostenbeteiligung an der Gesamtbausumme, sondern ist in der HOAI gesetzlich geregelt. In Honorartabellen werden die Mindest- und Höchstsätze geregelt und damit die Preisgrenzen festgeschrieben. Alle Mitglieder der Architektenkammer sind durch die Berufsordnung verpflichtet, die HOAI anzuwenden. Dabei entscheiden zwei Faktoren über die Höhe des Honorars: Einerseits der Aufwand und die Komplexität der Bauaufgabe und andererseits die zu erwartenden Gesamtbaukosten.

Je schwieriger und komplizierter ein Bauwerk herzustellen ist, desto höher ist der Planungsaufwand ist. Dadurch erhöht sich auch die sogenannte Honorarzone, von denen es fünf gibt. Der Bau eines Einfamilienhauses beispielsweise entspricht üblicherweise der Honorarzone III. Jede Honorarzone enthält nun in Abhängigkeit der berechneten Bausumme jeweils einen Mindest- und einen Höchstsatz des Architektenhonorars. Die Einstufung von Mindest- bis hin zum Höchstsatz bleibt Verhandlungssache mit dem Architekten. Ist darüber nichts vereinbart, gilt grundsätzlich der Mindestsatz. Als Faustregel sollten Bauherren für Architektenleistungen etwa 10 - 15 Prozent der Baukosten veranschlagen. Sollten Sie als Bauherr Zweifel an der Richtigkeit des Architektenhonorars hegen, so wenden Sie sich rechtzeitig an die zuständige Architektenkammer. Hier gibt es in aller Regel auch Merkblätter und Informationen für Bauherren. Grundsätzlich gilt: Verlassen Sie sich nicht auf mündliche Zusagen, sondern fixieren Sie alle Abmachungen schriftlich!

Architektenleistung bei Fertighäusern

Auch bei einem Fertighaus kann sich der Einsatz eines firmenunabhängigen Architekten schon alleine zur Kontrolle der durchzuführenden Arbeiten lohnen. Die Kosten der Bauüberwachung sind dabei nach Angaben des Hamburger Architektur-Experten Giorgio Gullotta von der Größe und der gewünschten Ausstattung des Hauses, des Grundstücks und gegebenenfalls vom Baugrund abhängig. Grundsätzlich sollte man von einem Stundenhonorar gemäß der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure HOAI (bis zu 82 Euro/h zzgl. MwSt./h) ausgehen. "Am besten ist es, wenn man das im Einzelfall verhandelt", erklärt Gullotta. Doch schon bei der Baubeschreibung und Angaben wie "Fliesen enthalten" oder "Dachausbau möglich", könne sich der Einsatz eines Spezialisten lohnen. Oft fehle der fertige Fußboden im Dach oder die Fliesen seien nicht von der vom Bauherrn gewünschten Qualität, erklärt er. Dann könnten noch nachträgliche Kosten entstehen, die im Verkaufsexpose nicht sofort ersichtlich sind. "Daher sollte man sich auch beim Fertighausbau vor, während und nach der Bauphase von einem Architekten oder Bauingenieur beraten lassen", sagt Gullotta. Die Kosten dürften sich je nach Aufwand bei einem Fertighaus auf rund 1.000 bis 1.500 Euro belaufen. Die Kosten die aufgrund von Problemen, Fehlern, Baupfusch oder Missverständnissen entstehen können, sind in häufig ein Vielfaches höher.

Fazit

Die Architektenkosten mögen, gemessen an der Bausumme, hoch erscheinen, können jedoch dem Bauherren viel Zeit, Ärger und noch höhere Kosten ersparen. Nicht jeder Bauherr kann täglich auf der Baustelle sein oder besitzt genügend Fachkenntnisse um Fehler rechtzeitig erkennen und einschätzen zu können. Das kann auch lange nach Fertigstellung noch zu hohen Zusatzkosten führen. Mit der Überwachung des Bauvorganges und der Objektbegehung nach Fertigstellung stellt der Architekt sicher, dass man ohne Ärger und Zusatzkosten ins neue Eigenheim einziehen kann. Aufgrund seiner detaillierten Vorplanung, sorgsamen Prüfung und Auswahl der beteiligten Firmen, kann er schon vor Baubeginn Kosten für den Bauherrn minimieren. Die dann zusätzlich entstehenden Architektenkosten können dadurch wieder aufgefangen werden.

In aller Regel ist der Erwerb und Umbau oder auch der Neubau einer Immobilie die größte Investition, die man im Leben tätigt. Aus diesem Grund sollte man sich unbedingt fachliche Hilfe von einem Architekten oder Ingenieur holen.
Eine Übersicht der Fachleute finden Sie zum Beispiel auf den Webseiten der regionalen Architektenkammern.